Nachlassvertrag

Elfter Titel:418 Nachlassverfahren

I. Nachlassstundung

Art. 293

1 Ein Schuldner, der einen Nachlassvertrag erlangen will, muss

dem Nachlassrichter ein begründetes Gesuch und den Entwurf

eines Nachlassvertrages einreichen. Er hat dem Gesuch eine

Bilanz und eine Betriebsrechnung oder entsprechende Unterla-gen

beizulegen, aus denen seine Vermögens-, Ertrags- oder

Einkommenslage ersichtlich ist, sowie ein Verzeichnis seiner

Geschäftsbücher, wenn er verpflichtet ist, solche zu führen

(Art. 957 OR 419 ).

2 Ein Gläubiger, der ein Konkursbegehren stellen kann, ist be-fugt,

beim Nachlassrichter ebenfalls mit einem begründeten

Gesuch die Eröffnung des Nachlassverfahrens zu verlangen.

3 Nach Eingang des Gesuchs um Nachlassstundung oder nach

Aussetzung des Konkurserkenntnisses von Amtes wegen

(Art. 173a Abs. 2) trifft der Nachlassrichter unverzüglich die zur

Erhaltung des schuldnerischen Vermögens notwendigen An-ordnungen.

In begründeten Fällen kann er die Nachlassstun-dung

für einstweilen höchstens zwei Monate provisorisch bewil-ligen,

einen provisorischen Sachwalter ernennen und diesen

mit der Prüfung der Vermögens-, Ertrags- oder Einkom-menslage

des Schuldners und der Aussicht auf Sanierung be-auftragen.

4 Auf die provisorisch bewilligte Nachlassstundung finden die

Artikel 296, 297 und 298 Anwendung.

Art. 294

1 Liegt ein Gesuch um Nachlassstundung vor oder werden pro-visorische

Massnahmen angeordnet, so lädt der Nachlassrich-ter

den Schuldner und den antragstellenden Gläubiger unver-züglich

zur Verhandlung vor. Er kann auch andere Gläubiger

anhören oder vom Schuldner die Vorlage einer detaillierten Bi-lanz

und einer Betriebsrechnung oder entsprechender Unterla-gen

sowie das Verzeichnis seiner Bücher verlangen.

2 Sobald der Nachlassrichter im Besitz der notwendigen Unter-lagen

ist, entscheidet er möglichst rasch über die Bewilligung

der Nachlassstundung; er berücksichtigt dabei namentlich dieVermögens-, Ertrags- oder Einkommenslage des Schuldners

und die Aussichten auf einen Nachlassvertrag.

3 Wo ein oberes kantonales Nachlassgericht besteht, können

der Schuldner und der gesuchstellende Gläubiger den Ent-scheid

binnen zehn Tagen nach der Eröffnung an das obere

Nachlassgericht weiterziehen.

4 Soweit der Entscheid die Ernennung des Sachwalters betrifft,

kann ihn auch jeder andere Gläubiger weiterziehen.

Art. 295

1 Besteht Aussicht auf einen Nachlassvertrag, so gewährt der

Nachlassrichter dem Schuldner die Nachlassstundung für vier

bis sechs Monate und ernennt einen oder mehrere Sachwalter.

Die Dauer der provisorisch gewährten Stundung wird nicht an-gerechnet.

2 Der Sachwalter:

a. überwacht die Handlungen des Schuldners;

b. erfüllt die in den Artikeln 298–302 und 304 bezeichneten

Aufgaben;

c. erstattet auf Anordnung des Nachlassrichters Zwischen-berichte

und orientiert die Gläubiger über den Verlauf

der Stundung.

3 Auf die Geschäftsführung des Sachwalters sind die Artikel 8,

10, 11, 14, 17–19, 34 und 35 sinngemäss anwendbar.

4 Auf Antrag des Sachwalters kann die Stundung auf zwölf, in

besonders komplexen Fällen auf höchstens 24 Monate verlän-gert

werden. Bei einer Verlängerung über zwölf Monate hinaus

sind die Gläubiger anzuhören.

5 Die Stundung kann auf Antrag des Sachwalters vorzeitig wi-derrufen

werden, wenn dies zur Erhaltung des schuldnerischen

Vermögens erforderlich ist, oder wenn der Nachlassvertrag of-fensichtlich

nicht abgeschlossen werden kann. Der Schuldner

und die Gläubiger sind anzuhören. Die Artikel 307–309 gelten

sinngemäss.

Art. 296

Die Bewilligung der Stundung wird öffentlich bekanntgemacht

und dem Betreibungsamt sowie dem Grundbuchamt unverzüg-lich

mitgeteilt. Die Nachlassstundung wird im Grundbuch an-gemerkt.

Art. 297

1 Während der Stundung kann gegen den Schuldner eine Be-treibung

weder eingeleitet noch fortgesetzt werden. Verjäh-rungs-

und Verwirkungsfristen stehen still. Für gepfändete

Vermögensstücke gilt Artikel 199 Absatz 2 sinngemäss.

2 Auch während der Stundung sind folgende Betreibungen zu-lässig:

1. die Betreibung auf Pfändung für die Forderungen der

ersten Klasse (Art. 219 Abs. 4);

2. die Betreibung auf Pfandverwertung für grundpfandgesi-cherte

Forderungen; die Verwertung des Grundpfandes

bleibt dagegen ausgeschlossen.

3 Mit der Bewilligung der Stundung hört gegenüber dem

Schuldner der Zinsenlauf für alle nicht pfandgesicherten Forde-rungen

auf, sofern der Nachlassvertrag nichts anderes be-stimmt.

4 Für die Verrechnung gelten die Artikel 213–214a. An die

Stelle der Konkurseröffnung tritt die Bekanntmachung der

Stundung, gegebenenfalls des vorausgegangenen Konkursauf-schubes

nach den Artikeln 725a, 764, 817 und 903 des Obliga-tionenrechts

420 .

Art. 298

1 Der Schuldner kann seine Geschäftstätigkeit unter Aufsicht

des Sachwalters fortsetzen. Der Nachlassrichter kann jedoch

anordnen, dass gewisse Handlungen rechtsgültig nur unter

Mitwirkung des Sachwalters vorgenommen werden können,

oder den Sachwalter ermächtigen, die Geschäftsführung an-stelle

des Schuldners zu übernehmen.

2 Ohne Ermächtigung des Nachlassrichters können während

der Stundung nicht mehr in rechtsgültiger Weise Teile des An-lagevermögens

veräussert oder belastet, Pfänder bestellt,

Bürgschaften eingegangen oder unentgeltliche Verfügungen

getroffen werden.

3 Handelt der Schuldner dieser Bestimmung oder den Weisun-gen

des Sachwalters zuwider, so kann der Nachlassrichter auf

Anzeige des Sachwalters dem Schuldner die Verfügungsbe-fugnis

über sein Vermögen entziehen oder die Stundung wider-rufen.

Der Schuldner und die Gläubiger sind anzuhören. Die

Artikel 307–309 sind anwendbar.

Art. 299

1 Der Sachwalter nimmt sofort nach seiner Ernennung ein In-ventar

über sämtliche Vermögensbestandteile des Schuldners

auf und schätzt sie.

2 Der Sachwalter legt den Gläubigern die Verfügung über die

Pfandschätzung zur Einsicht auf; er teilt sie vor der Gläubiger-versammlung

den Pfandgläubigern und dem Schuldner schrift-lich

mit.

3 Jeder Beteiligte kann innert zehn Tagen beim Nachlassrichter

gegen Vorschuss der Kosten eine neue Pfandschätzung ver-langen.

Hat ein Gläubiger eine Neuschätzung beantragt, so

kann er vom Schuldner nur dann Ersatz der Kosten beanspru-chen,

wenn die frühere Schätzung wesentlich abgeändert wur-de.

Art. 300

1 Der Sachwalter fordert durch öffentliche Bekanntmachung

(Art. 35 und 296) die Gläubiger auf, ihre Forderungen binnen

20 Tagen einzugeben, mit der Androhung, dass sie im Unter-lassungsfall

bei den Verhandlungen über den Nachlassvertrag

nicht stimmberechtigt sind. Jedem Gläubiger, dessen Name

und Wohnort bekannt sind, stellt der Sachwalter ein Exemplar

der Bekanntmachung durch uneingeschriebenen Brief zu.

2 Der Sachwalter holt die Erklärung des Schuldners über die

eingegebenen Forderungen ein.

Art. 301

1 Sobald der Entwurf des Nachlassvertrages erstellt ist, beruft

der Sachwalter durch öffentliche Bekanntmachung eine Gläu-bigerversammlung

ein mit dem Hinweis, dass die Akten wäh-rend

20 Tagen vor der Versammlung eingesehen werden kön-nen.

Die öffentliche Bekanntmachung muss mindestens einen

Monat vor der Versammlung erfolgen.

2 Artikel 300 Absatz 1 Satz 2 ist anwendbar.

Art. 302

1 In der Gläubigerversammlung leitet der Sachwalter die Ver-handlungen;

er erstattet Bericht über die Vermögens-, Ertrags-

oder Einkommenslage des Schuldners.

2 Der Schuldner ist gehalten, der Versammlung beizuwohnen,

um ihr auf Verlangen Aufschlüsse zu erteilen

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